Botanik: Walnuss Blattstiel quer gefärbt mit AcriBEN *

Begonnen von Fahrenheit, Oktober 24, 2009, 12:07:42 NACHMITTAGS

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Fahrenheit

#15
Lieber Eckhard,

fixiert habe ich in AFE, anschließend lagen die Proben für einige Wochen in 70%igem Ethanol, zum Härten und bis ich eben Zeit hatte, sie zu verarbeiten.

Das Klorix, auch 1:4 mit Wasser verdünnt, nutze ich zum Bleichen, also zum Auflösen des Zellplasmas, wie es Bernhard ja weiter oben auch schon erklärt hat - und wie Du es selbst bei Deinen Ahornschnitten angewendet hast..

Nun kann es natürlich sein, dass ich gerade auf der Leitung stehe, aber ich kann weder in meinen noch in Deinen Bildern zerstörte Zellwände entdecken (ausser vieleicht Zerstörungen, die vom Schnitt herrühren).

Wenn Du die spiraligen oder ringförmigen Strukturen meinst, die in die Tracheen oder Tracheiden hineinragen:

Das sind zwar auch zerstörte Zellwände, nämlich die der Tracheen oder Tracheiden, deren Verstärkungsringe oder Spiralen beim Schneiden in das Gefäß verschoben wurden. Aus meiner Sicht hat das aber nichts mit dem Bleichprozess zu tun.

Ich denke auch, dass eine durch Klorix bedingte Auflösung der Zellwände eher bei den fragileren Geweben zu beobachten wäre.

Herzliche Grüße
Jörg  
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Eckhard

Hallo Jörg,

Ich habe in diesem Sommer einiges geschnitten und hatte diese zerstörten Zellwände nur bei Schnitten die ich mit Klorix behandelt habe. Dort eben immer. Deswegen hab ich es auf das Klorix geschoben. Meine Sommerlinde die nur 4 Minuten im Klorix gebadet hat zeigt den Effekt nicht. Kann natürlich Zufall sein aber das glaube ich nicht.

Herzliche Grüsse
Eckhard
Zeiss Axioscope.A1 (HF, DF, DIK, Ph, Pol, Epifluoreszenz)
Nikon SE2000U (HF, DIK, Ph)
Olympus SZX 12 (HF, DF, Pol)
Zeiss Sigma (ETSE, InLens SE)

www.wunderkanone.de
www.penard.de
www.flickr.com/wunderkanone

Fahrenheit

Lieber Eckhard,

ich bin noch immer unsicher: Du meinst auch die von mir beispielhaft in Deinem Bild gekennzeichneten Stellen?

Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Eckhard

Zeiss Axioscope.A1 (HF, DF, DIK, Ph, Pol, Epifluoreszenz)
Nikon SE2000U (HF, DIK, Ph)
Olympus SZX 12 (HF, DF, Pol)
Zeiss Sigma (ETSE, InLens SE)

www.wunderkanone.de
www.penard.de
www.flickr.com/wunderkanone

Fahrenheit

Lieber Eckhard,

laut Wanner (Mikroskopisch-Botanisches Praktikum, 2004; S.165 Abb.13.1.3) handelt es sich bei diesen Objekten um "ringförmige Verdickungsleisten zerrissener Ringtracheiden".
Das Zerrissen bringe ich mit dem Schneidevorgang in Verbindung und neben der Ringform gibt es auch noch die Spiralform.

Vielleicht kann Detlef uns aufklären?

Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Druse

... und Netz- und Tüpfelform...

ja, es werden wohl "aufgedröselte" Verdickungsleisten der Tracheen sein, im Längsschnitt sehen sie aus wie geringeltes Geschenkband,

viele Grüße
Mila

Fahrenheit

#21
Liebe Mikrofreunde,

neben der AcriBEN Färbung habe ich auch Schnitte nach Wacker gefärbt. Einige der Präparate enthalten Gewebe, das von einem Pilz befallen ist, dessen Hyphen schön in den Zellen zu sehen sind.

Hier wie immer das Rezept zur Präparation, die Technik ist unverändert:
- Wackerfärbung in Anlehnung an ein Rezept von Eckhard Voelcker (Schnitte bleiben in
 einem Uhrglas, die Flüssigkeiten werden jeweils zugegeben und abgezogen).

- Ausgangsmaterial Walnuss Blattstiele quer (das gleiche Material wie oben) in Ethanol 70%
- ca. 6 bis 8 Minuten in Acridinrot 1% in Ethanol 50%
- Überführen in Aqua dest.
- ca. 10 Sekunden in Acriflavin 1% in Aqua dest
- Wässern
- ca. 3 bis 4 Minuten in Astrablau 2% in Aqua dest (1:1 verdünnt mit Aqua dest) mit wenig
 Acriflavin, sodass ein grüner Farbton entsteht.
 (Färbelösung in einem eigenen Uhrglas erstellt: 5 Tropfen Aqua dest, 5 Tropfen Astrablau
  und ein Tropfen Acriflavin. Dann in das Färbeglas übertragen)
- Wässern
- Absaugen, 3-mal Isopropanol in schnellem Wechsel (10 Tropfen für je 10 bis 30 Sekunden)
- 3-mal Isopropanol für je 3 Minuten +
- Einschluss in Euparal

Bild 6: die Färbung im Überblick, Vergrößerung 100x, Stapel aus 10 Bildern


Bild 7a/b: die vom Pilzmycel befallene Stelle in 200-facher Vergrößerung, ein Stapel von 12 Bildern. Bild 7b mit Beschriftung.



Die Pilzhyphen ziehen sich als feine Fäden durch die befallenen Zellen. So weit mir bekannt ist, nutzen sie die Tüpfel, um neue Zellen zu befallen.
Die Pflanze wehrt sich dagegen durch Sklerifizierung des befallenen Gewebes. Dies ist hier schön anhand der verdickten roten Zellwände im Zentrum des Pilzbefalls zu erkennen.
In dem schon leicht angegilbten Walnussblatt, von dem das Präparat stammt, hat der Pilz die Oberhand. Der Baum war wohl schon damit beschäftigt, dem Blatt die Nährstoffe zu entziehen um es anschließend abzuwerfen.

Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Michael W.

Hallo Jörg,

wirklich höchst interessante Bilder die du uns da wieder zeigst. Wie immer sehr schön dokumentiert! Du lieferst ja häufig super Bilder ab, aber das sind für mich eine der Besten, die ich in letzter Zeit gesehen habe. Knackscharf und schön gefärbt, was will man mehr ;-)

;D

Viele Grüße
Michael
Am liebsten per "Du"

Fahrenheit

Lieber Michael,

vielen Dank für die Blumen!  :)

Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Detlef Kramer

Hallo,

wenn ich schon zitiert werde: ich denke, eine Denaturierung des Gewebes mit z.B. Ethanol, egal welchen Reinheitsgrades, sollte schon sein vor dem Bleichen. Ich kann es im Augenblick nicht exakt begründen, aber die Denaturierung bewirkt eine Festigung von Bindungssubstanzen, z.B. Proteinen oder Hemizellulosen/Pektinen, die dieses unkontrollierte Loslösen von Wandverstärkungen verhindern könnten. Etwas ins Blaue argumentiert, aber man kann es ja überprüfen.

Herzliche Grüße

Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

Vorstellung: Hier klicken

Fahrenheit

Lieber Detlef,

vielen Dank für Deine Hinweise.

Ich werde bei meinen nächsten Schnitten einmal in ungefärbtem Zustand prüfen, ob losgelöste Wandverstärkungen der Tracheen zu sehen sind.

Das wäre ja ein Hinweis auf das Schneiden als Auslöser.

Soweit ich das richtig erinnere, hatte Eckhard bei seinem Beispielpräparat oben vorher mit AFE fixiert und anschließend gebleicht.
Falls der Schnitt im unfixierten Material erfolgt ist, würde das ggf. meine Vermutung stützen, da die Härtung des Gewebes durch das Ethanol im AFE fehlte und somit vielleicht eher mit einem Einreißen der Tracheen zu rechnen ist.

Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Rolf-Dieter Müller

Zitat von: Fahrenheit in Oktober 28, 2009, 18:16:41 NACHMITTAGS
...
Ich werde bei meinen nächsten Schnitten einmal in ungefärbtem Zustand prüfen, ob losgelöste Wandverstärkungen der Tracheen zu sehen sind.
...
Jörg

Lieber Jörg,

ich bin schon auf Dein Ergebnis gespannt.

Aber es ist tatsächlich so wie Eckhard es vermutet. Die Verwendung von Klorix führt zu unschönen Artefakten, da es u.a. auch mazeriert.

Deshalb verstehe ich eigentlich gar nicht, wie bedenkenlos es oft verwendet wird.

Viele Mikrogrüße
Rolf-Dieter

Fahrenheit

#27
Lieber Rolf-Dieter, lieber Eckhard, liebe Bleicher  ;)

das es bei der Anwendung von 'Bleichmitteln' wie Klorix zu Artefakten kommen kann, glaube ich wohl.

Bleichmittel klingt recht harmlos, aber es handelt sich ja um eine bewusste Zerstörung des Gewebes, die dann gestoppt werden soll, wenn die Zellinhalte gerade zerstört und die Zellwände noch nicht zu sehr angegriffen worden sind.

Ich denke, hier macht die Konzentration und die Einwirkdauer das Gift.

Trotzdem bin ich der Meinung, dass die Verstärkungsringe aufgrund eines mechanischen Einflusses in die Zellinnenräume ragen und nicht aufgrund eines Bleichmittels. Immerhin gehören die Tracheen zu den massiveren Zellstrukturen und ich würde Artefakte zuerst an empfindlicheren Geweben erwarten.

Daraufhin habe ich mir auch noch einmal die von Eckhard bezeichnete Stelle in meinem Bild 2 angesehen, die ja eben nicht innerhalb des Xylems liegt.

Eckhard, Du hast ein scharfes Auge!
ZitatAuch auf Deinem Bild 2 (Bildmitte, 2 cm von oben) sieht man sehr deutlich, dass die Zellwände zerstört werden.
Es gibt da tatsächlich einen zerstörten Bereich an der von Dir benannten Stelle, den ich im Forenbild nicht erkannt habe - wohl aber im Präparat selbst.

Bild 8: Noch mal Bild 2 mit dem bezeichneten Bereich:


Bild 9: Der markierte Bereich herausvergrößert, 400x, Stapel aus 3 Aufnahmen

Die zerstörte Zelle oder Zellgruppe ist in der Bildmitte schön zu erkennen.

Bei der Suche nach diesem Bereich ist mir aufgefallen, dass das freundlich lächelnde Alien Klunker liebt. Ich will sagen, der Schnitt ist voller Drusen, wie das folgende Bild in polarisiertem Licht zeigt:

Bild 10: Der Walnussblattstiel in polarisiertem Licht, Vergrößerung 40-fach, Einzelaufnahme.

Der blaue Hintergrund ist keinem Hilfspräparat geschuldet, sondern beruht auf Eigenarten der verwendeten Canon Powershot A520. Die eingelagerten Drusen erscheinen als leuchtende Punkte.  

Auch an der Schadstelle gibt es einige in unmittelbarer Nähe:

Bild 11: der selbe Ausschnitt wie in Bild 9, nun in polarisiertem Licht


Die gezeigte Gewebeverletzung könnte nun auch daher rühren, dass eine Druse in der Schnittebene lag, herausgerissen wurde und dabei ihre Zelle und Teile der Umgebung zerstört hat.

Warum nicht einfach eine Verätzung durch Klorix?

In Eckhards Beispielbild sind nur die Tracheen betroffen. Die fragileren Gewebe drumherum sind bestens erhalten. Bei meinem Schnitt hier ist es umgekehrt. Der beobachtete Schaden liegt - eng begrenzt - im Parenchym und die Leitbündel weisen keinerlei Verletzungen auf.
Die Präparation war - bei den sicher vorhandenen Unterschieden bezüglich Konzentrationen und Einwirkzeiten - ähnlich.
Da sollte man doch auch ähnliche Auswirkungen erwarten. Dies ist aber gerade nicht der Fall. Somit erscheint mir der mechanische Ansatz hier die plausiblere Erklärung zu liefern.

Was meint Ihr?

Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Fahrenheit

#28
Hallo liebe Bleicher,

da bisher keiner den Faden zu meiner im Vorposting aufgestellten These aufgenommen hat und mich die Neugier um trieb, habe ich einfach selbst noch ein wenig mit Klorix gepanscht.

Die Schnitte vom Walnussblattstiel, auf denen die hier von mir gezeigten Präparate beruhen, hatten alle bereits ein ca. 25 minütiges Klorix-Bad hinter sich, da das Gewebe teilweise recht kräftig an gefärbt war.

Die vier Letzten habe ich kurzer Hand noch einmal für 30 und 60 Minuten (je zwei Stück) in 1:4 mit Wasser verdünntes Klorix gelegt und nach anschließendem gründlichen Spülen nach Wacker gefärbt und in Euparal eingeschlossen.

Die Schnitte mit insgesamt 55 Minuten Bleichbad zeigten im Vergleich zu den bereits erstellten Präparaten mit 25 Minuten Bleichdauer nur sehr wenig Abweichungen.

Aber auch nach 85 Minuten Bleichen liegt kein Zellbrei vor. Nach meinen Beobachtungen halten sich zumindest beim Walnussblattstiel
- die zusätzlichen Artefakte in Grenzen
- treten tatsächlich wenige Schäden an den Tracheen auf, die so in meinen nur kurz
 gebleichten Schnitten fehlen
- während die von mir als empfindlicher angenommenen Zellwände der Parenchyme und das
 Phloem die Tortur recht unbeschadet überstehen
- allerdings zeigen sich in den Zelllumen dieser Gewebe vermehrt undefinierte Reste
 zerstörter Zellinhalte, die auch Farbe annehmen und somit entsprechend auffallen
- vereinzelt löst sich die Epidermis ab.

Es gibt aber noch einen weiteren Effekt, den meine Photos leider nicht ganz wiedergeben können: die Färbung spielt trotz identischen Rezeptes mehr ins Grüne und die einzelnen Farben sind deutlich brillianter. Die angegriffenen Gewebe scheinen die Farbstoffe also besser anzunehmen.

Hier nun einige Bilder aus den fast eineinhalb Stunden gebleichten Schnitten:

Bild 1: paarige Haare auf der Epidermis, Vergrößerung 100x, Stapel aus 19 Bildern

Direkt unterhalb des Doppelhaares ist eine Ablösung zu erkennen, sonst aus meiner Sicht keine Artefakte.

Bild 2: eines der kleineren Leitbündel am oberen Rand des Blattstiels, Vergrößerung 100x, Stapel aus 16 Bildern

Außerhalb des Leitbündels auf etwa 5 Uhr sind (un)schön die Reste der verklumpten Zellinhalte in einigen Parenchymzellen zu sehen.

Bild 3: Sklerenchym, Vergrößerung 400x, Stapel aus 6 Bildern

Das Sklerenchym ist unbeschädigt, oberhalb liegen Drusen in den angrenzenden Zellen.

Bild 4: Überblick vom Markparenchym bis in die Randbereiche des Blattstiels, Vergrößerung 100x, Stapel aus 21 Bildern.

Hier kann man die intensiven und gut differenzierten Farben etwas erahnen.

Bild 5: Ein Ausschnitt aus dem Xylem, Vergrößerung 400x, Stapel aus 8 Bildern

Einige der Tracheen sind angegriffen. Solche Verletzungen habe ich allerdings auch im Xylem meiner ungebleichten Präparate vom Pappelblattstiel gesehen.

Ich bin mal mutig und frage erneut: was meint Ihr?  :)

Herzliche Grüße
Jörg

Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Druse

Lieber Jörg,

das sind gigantisch tolle Fotos!!!

Ich werde mich wohl zumindest privat vom Chloralhydrat verabschieden (beruflich geht nicht, weil ja vorgeschrieben).

Viele Grüße, Mila