Stephanosphaera pluvialis - Gameten

Begonnen von ImperatorRex, Dezember 29, 2020, 21:34:05 NACHMITTAGS

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ImperatorRex

Hallo,
die Alge Stephanosphaera pluvialis zeigt ihre ganze, majestätische Schönheit insbesondere in ihrer vegetativen Erscheinungsform, als "rotierende Kranzkugel".
Eindrucksvolle Photos wurden hier im Forum bereits mehrmals vorgestellt, ich möchte am Ende meines Beitrages auf diese nochmals verlinken...es lohnt sich allemal diese nochmals anzuschauen.
Neben dieser vegetativen Entwicklungsform gibt es eine geschlechtliche Fortpflanzung mittels Isogameten, d.h. morphologisch nicht unterscheidbarer Gameten.

Hierzu gibt es eine sehr interessante und detaillierte Illustration älteren Ursprunges(Details "D" - "H"):
(http://www.biolib.de/gilg/high/IMG_0179.html)





Nachfolgend ein Foto eines mit Gameten gefüllten "Sporangiums".


Beeindruckend finde ich die Vitalität der Gameten: Wild schwirren die Gameten innerhalb der Gallerthülle umher, bald wird die Hülle nicht mehr dem Ansturm stand halten können und bersten...

Ich hoffe mir ist es gelungen, etwas von dieser Stimmung in dem nachfolgenden Video zu dokumentieren:
https://youtu.be/SL-tQ8UPCCc

Im Anschluss der Kopulation und Verschmelzung der Isogameten soll sich eine unbewegliche Zygote entwickeln, die allmählich heranwächst. Diese Zygote (Aplanospore) färbt sich dann, ähnlich wie bei H. pluvialis, rot bzw. rötlich.

Bislang habe ich aus meinen Kulturen leider keine "keimfähigen" Sporen aus Isogameten "ernten" können. Vielleicht liegt es daran, dass sich meine Beobachtungen auf reine Clon-Kolonien beschränkt haben? Vielleicht hat hier jemand Erfahrungen gesammelt?

Vor wenigen Tagen entstanden die nachfolgenden Aufnahmen einer "vermeintlichen" Kopulation zweier Isogameten. Leider haben sich die beiden Partner nach wenigen Stunden wieder voneinander getrennt...es verblieben relative kümmerliche Überbleibsel, innerhalb des Beobachtungszeitraumes konnte ich kein Wachstum der Zygote feststellen.

Nach dem "Platzen" des Sporangiums, die Gameten sind an beiden Enden "verklebt".


Nach etwa 2 Studen:


und danach kommt die Trennung des "Pärchens":


Die Gameten haben sich voneinander fort bewegt:


gut 30 Stunden später: recht kleine Überbleibsel:


Die Gameten sollen ja zwei Geißeln besitzen...im ersten Foto oben meine ich aber 5 (?) Geiseln zu erkennen. Älteren Quellen berichten mitunter von Gameten mit vier Geiseln. Vielleicht lohnen sich da noch weitere Beobachtungen?

Allerdings zeigen auch ältere "Sichtungen" meinerseits jeweils eindeutig zwei Geiseln an den Gameten: 





Viele Grüße
Jochen

Beiträge im Forum zu S.p:
Fundstellen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=5659.0
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=12776.0

Beiträge mit Fotos:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=5233.0
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=24524.0   
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=39228.0
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=23554.0





plaenerdd

Hallo Jochen,
Danke für diesen sehr schönen Beitrag und besonders für das lehrreiche Video.
Beste Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Apochromat

#2
Hallo Jochen,

das sind sehr schöne und seltene Aufnahmen. Die gelingen nur mit großer Geduld. Und nicht am Aufrechten. In der Nähe von Göttingen gibt es Buntsandsteinformationen und mehrere kleine umfasste alte Tränken, da kommen die auch im Sommer vor. Mich stören die immer, wenn ich meine farblosen Flagellaten suche  :).
LG
Michael

ImperatorRex

Lieber Gerd, lieber Michael,
vielen Dank für Euere freundlichen Kommentare.
viele Grüße
Jochen 

bewie

Hallo Jochen,

vielen Dank für diese eindrucksvolle Dokumentation!

Ich bewundere auch immer wieder die Geschwindigkeit der Gameten. Wenn eine Kugel zerplatzt und die Viecher sich zerstreuen, sieht das ja aus wie ein Feuerwerk.
Meine Stephanosphaerae vermehren sich vegetativ ganz gut, bilden auch jede Menge Gameten, aber bisher nur ganz wenige Aplanosporen. Bin mal gespannt, wie lange ich sie in Kultur halten kann.

LG
Bernhard

ImperatorRex

Hallo Bernhard,
Zitat von: bewie in Dezember 30, 2020, 13:01:01 NACHMITTAGS
Meine Stephanosphaerae vermehren sich vegetativ ganz gut, bilden auch jede Menge Gameten, aber bisher nur ganz wenige Aplanosporen. Bin mal gespannt, wie lange ich sie in Kultur halten kann.

Hoffen wir mal, dass sich vollwertige S.p. Aplanosporen in Deiner Kultur ausbilden. Wichtig wäre auch, dass Du einen Ansatz hast, in dem nur S. pluvialis kultiviert ist. Ansonsten kann es Dir passieren, dass Du zum Schluss nur noch H. pluvialis in Kultur hast ;-) Ist mir passiert...H.p. bildet anscheinend sehr viel schneller die Aplanosporen aus.
Gametenbildung: Erst vor wenigen Tagen hatte ich eine 20 Tage alte Kultur, bei der plötzlich (über Nacht) geschätzte 50% der Kranzkugeln Gameten ausgebildet hatten. Aus der Vielzahl an Gameten blieben aber nur die mickrigen, kleinen und transparenten Resthüllen übrig. Diese entwickeln sich nach meinen bisherigen Beobachtungen leider nicht zu vollwertigen Aplanosporen.

viele Grüße
Jochen

anne

Hallo Jochen,
ganz tolle Doku und schöne Bilder!
lg
anne

bewie

Hallo Jochen,

die Haematococcen habe ich raus. Aber in den Kulturschalen schweben immer noch ganze Scenedesmus-Wolken. Die bin ich bisher nicht losgeworden. Hast du  mit solchen Mitbewohnern keine Probleme?

LG Bernhard.

ImperatorRex

Vielen Dank Anne für Deinen freundlichen Kommentar.

Zitat von: bewie in Dezember 31, 2020, 22:41:00 NACHMITTAGS
die Haematococcen habe ich raus. Aber in den Kulturschalen schweben immer noch ganze Scenedesmus-Wolken. Die bin ich bisher nicht losgeworden. Hast du  mit solchen Mitbewohnern keine Probleme?

Ja, bei mir waren es irgend welche kokkalen Algen welche sich über Gebühr breit gemacht haben. Ich denke man muss die Kultur aus einzelne selektierten und "gewaschenen" S. pluvialis Kugeln gründen. Hierzu einzelne Kugeln auf dem Objektträger überführen. Jeweils ne einzelne Kranzkugel heraus pipettieren und in einen weiteren sauberen Wassertropfen verbringen. Diesen Schritt wiederholen, bis man sich sicher ist, dass da nichts mehr "Fremdes" dabei ist.
Viele Grüße
Jochen

ImperatorRex

Dianas letzter Beitrag über S. pluvialis (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41321.0;topicseen) hat mich motiviert, einmal die "Geburt" dieser schönen Alge zu zeigen :-).

Wie Haematococcus pluvialis bildet auch die Kranzkugelalge Dauerstadien, sogenannte Aplanosporen aus. In dieser Form überdauert die Alge längere Phasen in denen das Habitat ausgetrocknet ist.
Nach Regenfällen gehts dann wieder los...nach wenigen Stunden "keimen" die Aplanosporen und es bilden sich durch Zellteilung mehrere mobile, begeisselte Zoosporen. Diese "wachsen" innerhalb des "Sporangiums" heran, irgendwann kann die Hülle des Sporangiums den "Druck" der Zoosporen nicht mehr standhalten, die Membranhülle reist, zumeist plötzlich und unerwartet auf, die Zoosporen entweichen..

Nachfolgend eine Bildsequenz der roten H. pluvialis Sporen: Aus der roten Aplanospore haben sich 8 mobile Zoosporen gebildet, welche dann aus dem Sporangium "ausbrechen":




Die Keimung bei S. pluvialis ist prinzipiell der gleiche Vorgang wie bei H. pluvialis, allerdings werden, nach meiner Beobachtung, zumeist nur 4 Zoosporen gebildet bzw. freigesetzt:



Der Zeitpunkt des "Aufbrechens" des Sporangiums ist nicht so einfach zu dokumentieren...auch in der nachfolgenden, kurzen Video-Sequenz habe ich den entscheidenden Moment der Geburt leider knapp verpasst:

https://youtu.be/SJ08TW9qh0s

Ich hoffe das kurze Video findet trotzdem Gefallen.

viele Grüße an alles S. pluvialis Fans :-)   

Jochen

ImperatorRex

#10
Hallo liebe Stephanoshaera pluvialis Freunde, Züchter oder Interessierte :-)
..wieder einmal ein kleines Video, es zeigt Videoausschnitte aus dem Vermehrungszyklus von S. pluvialis:


  • ungeschlechtliche Vermehrung, zu sehen ist ein "Kranzkugel" mit Ihren kleinen "Tochter-Kolonien".
  • (ab 1:06 min:) geschlechtliche Vermehrung über Isogameten

Hier der Link:
https://youtu.be/8VdvnZJCy5M

Bemerkenswert finde ich die Beobachtung, dass sich innerhalb einer Kolonie alle 8 Zellen zu Isogameten geteilt hatten. Naja auch nichts wirklich überraschendes...jedoch habe ich bislang noch nie beobachtet, dass alle Isogameten in Form von Rispen gruppiert / aglomeriert waren. Eine halbe Stunde später war der Spuk auch schon vorbei, und die Gameten sausten wie gewohnt innerhalb der S.p. Kugel umher.
Vielleicht muss ich nur (noch) früher aufstehen, um das öfter beobachten zu können?



Es gibt ja viele S.p Freunde hier im Forum. Hat hier jemand Erfahrungen gesammelt, wann bzw. wie man die Kolonie zum Aplanosporen-Bildung "animieren" kann? Meine Kulturen bilden eigentlich nur sehr sporadisch Dauersporen aus. Kein Vergleich zu H. pluvialis.
Desweiteren konnte ich nie beobachtet, dass sich aus den Isogameten tatsächlich auch Dauerformen/Aplanosporen entwickelten. Und ich halte schon lange danach Ausschau.
Vielleicht hat hier jemand Beobachtungen angestellt?

Viele Grüße
Jochen