Mikroskopische virtuelle Kuriositäten- und Wunder-Kammer ( MVKWK )

Begonnen von purkinje, August 24, 2024, 15:03:13 NACHMITTAGS

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purkinje

Wertes Forum,
hier will ich ein lose Reihe von wundersamen und/oder kuriosen Geräten bzw Schriftzeugnissen (wird meist aus vergangenen Zeiten sein) rund ums Mikroskop beginnen. Jeder ist eingeladen bei Funden (nicht von Verkaufsplattformen, dafür gibt es schon eine Rubrik!) hier etwas beizutragen.
Beste Grüße Stefan

Der Mikroskopfuß mit "Adlerfußkrallen", der "Mündener Binokelfuß"

"Ist man richtig vorgegangen , so sitzt nunmehr das Binokel in
Horizontalstellung mit seinem Mündener Binokelfuß wie festgewachsen
am Baume so daß man sich um sein Festhalten nicht weiter zu ,
kümmern braucht, und nun beide Hände wieder zu beliebiger Ver-
wendung (für die Einstellschrauben am Tubus, für Präparationszwecke, zum Notizenmachen oder Zeichnen) frei hat."
war für einen Forstentomologen, wie es Ludwig Rhumbler war, sicher praktisch,  über dieses Fachgebiet hinaus dürfte der Fuß für stattliche 135 Mark (1921) wenig Verbreitung gefunden haben  ;D , trotz seiner Empfehlung man könne ihn ja auch für hydrobiologische Untersuchungen in den Bootstisch rammen...

mündener Binokelfuß.jpg
von und nach Prof. Ludwig Rhumbler in Z Wiss Mikrosk 38 (1921) S270

beamish

Wunderbar!
In dieser Zeit hat man sich offenbar ganz speziellen Bedürfnissen angenommen.
Hier ein Bino mit speziellem Tisch für Entomologen von Zeiss (Katalog von 1924):

Zeiss_Heller_1924.jpg

Grüße
Martin
Zeiss RA mit Trinotubus 0/100
No-Name China-Stereomikroskop mit Trinotubus
beide mit Canon EOS 500D

purkinje

Hallo Martin,
eindeutig für die Heimanwendung die möbelschonendere Variante des entomologischen Mikroskopierens  ;D
Beste Grüße Stefan

B.Neuhaus

Liebes Forum,

spätestens in den 1960ern bot Zeiss Jena ein Mikroskop NgzK mit Gleitmanipulator und Stirnstütze (!) an. Den Gleitmanipulator benötigt sicherlich nicht jeder Mikroskopiker, aber die Stirnstütze erscheint mir schon recht hilfreich, damit man nach stundenlangem Mikroskopieren nicht mit den Augen in die Okulare kippen kann.

Viele Grüße
Birger

Quelle: Adam, H. & Czihak, G. (1964) Arbeitsmethoden der makroskopischen und mikroskopischen Anatomie. Ein Laboratoriumshandbuch für Biologen, Mediziner und technische Hilfskräfte. Gustav Fischer Verlag, Stuttgart, 1-367. [Abbildung 162b auf Seite 178]

purkinje

#4
Der MIKROKOSMOS ,,im Felde" des I WK, nicht nur uns heute wohl wundernd zurücklassend...

In der letzten Nummer des MIKROKOSMOS (12 /2, S. 39) zu Kriegszeiten des 1. Weltkrieges findet sich unter kleine Mitteilungen folgendes:
,,Schützengraben-Mikroskopiereinrichtung. Wohl mancher unserer Mitglieder war in der Heimat ein eifriger Arbeiter am Mikroskop, doch draußen im Felde lebt er nur noch von den Erinnerungen an jene Zeiten köstlicher Erbauung. Warum setzt er nicht seine Studien im Feindesland fort? Gerade hier bieten sich viele freie Stunden, in denen er sich völlig seiner Wissenschaft widmen kann. Besonders nach schweren Kampftagen ist es in der Ruhe ein wahrer Genuß, sich in die Wunder des Mikroskops zu vertiefen. — Ich trage meine Feld - Mikroskopiereinrichtung  im Tornister ; sie wiegt nur wenig und beansprucht auch nur sehr wenig Platz. Das Gepäck des Frontsoldaten ist heutzutage ja ohnedies, auch beim Infanteristen, nicht mehr so umfangreich. .. [es folgen nüchterne Ausführungen übers Schneiden und Färben von Präparaten] Hoffentlich findet diese Anregung Anklang bei manchem mikroskopierenden Kameraden und ermuntert recht viele von ihnen zu praktischem Studium. Fimmen, zurzeit im Feld. "

angemerkt: zu diesem Zeitpunkt waren fast 10 Mio Soldaten gefallen und 20 Mio verwundet, auch der ein oder andere Autor des MK:
MK gefallen.jpg
Am Erscheinungstag dieses Heftes, (9. Nov. 1918 ! ) verkündet Max von Baden die Abdankung des Kaisers und übergibt die Regierungsgeschäfte an Friedrich Ebert. Philipp Scheidemann ruft die Republik, Karl Liebknecht die sozialistische Republik aus.
Zwei Tage später unterzeichnet Mathias Erzberger für das Deutsche Reich bei Compiègne den Waffenstillstand.

Hypothese: man darf annehmen dass es sich bei dieser ,,Mitteilung" um einen der (allerletzten) Versuche von Propaganda der Militärzensur handelt, da ein unbeschwerten Alltag und beinahe Langeweile an der Front geschildert wird. Dafür spricht auch das Pseudonym (ohne Vornamen) das ausgerechnet und eher nicht zufällig dem Namen eines damals und später sehr bekannten niederländischen Friedensaktivisten und Gewerkschafters entliehen worden ist: Edo Fimmen(s.u.).
Dass die Miltärzensur auch über den MK wachte, lässt sich an den kleinen Stempelchen auf den Titelseiten von Kriegsbänden welche ins Ausland (verbündet oder neutral) geliefert wurden ablesen:
Zensurstempel MK.jpg
Einer der vielen Militärzensoren der damaligen Zeit war übrigens  Viktor Klemperer, den viele wegen seiner beeindruckenden Tagebücher (oder der teilweisen Verfilmung) kennen dürfte.
Beste Grüße Stefan

beamish

Zeiss RA mit Trinotubus 0/100
No-Name China-Stereomikroskop mit Trinotubus
beide mit Canon EOS 500D

purkinje

Hallo Martin,
du hast recht es gibt einen "mikroskopisch-photografisch aktiven" Ewald Fimmen, nur warum ist diese Mitteilung dann nicht mit seinem vollen Namen unterzeichnet? Soweit ich das überblicke eine absolute Ausnahme bei den Autorennennungen im MK.
Wie geschrieben, nur eine Hypothese; Dank dir für den Hinweis.
Beste Grüße Stefan

beamish

Es ist sicher dieser Ewald. Er hat darüber auch im Mikrokosmos geschrieben:
Fimmen.jpg
Zeiss RA mit Trinotubus 0/100
No-Name China-Stereomikroskop mit Trinotubus
beide mit Canon EOS 500D

Siegfried

#8
Hallo
Da ja hier von  Kuriositäten im Zusammenhang mit Mikroskopen die Rede ist, suchte ich einen
"Hauptner/ Sonder-Katalog B1 über Instrumente u. Apparate zur Mikroskopie Bakteriologie Fleischbeschau"
von 1920 aus meinem Regal. Diesen Katalog hatte ich mir für einem Beitrag über mein Hauptner Trichinenmikroskop in einem Antiquariat gekauft.

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=44818.0  Seite2

Als Kuriosität fand ich in diesem Katalog ein angebotenes
Mäuse-Impfbrett nach Lorenz und einen
Mäuse-Halter nach Kitasato
Beides zur Vorbereitung zum Mikroskopieren.
  Gruß von Siegfried

Peter T.

Das Mäuse-Impfbrett und der Mäusehalter haben es mir ehrlich gesagt angetan. Gottlob liest PETA hier nicht mit. Diese historischen Abbildungen wären heutzutage natürlich undenkbar.
Liebe Grüße
Peter

Gerd Schmahl

Hallo,
wie werden denn heutzutage Mäuse geimpft? Gibt es dafür keine Geräte? macht man das frei Hand? Viele Impfstoffe werden doch an Mäusen getestet.
LG Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

Peter V.

#11
Hallo,

wer ein Faible für aus heutiger Sicht skurrile Apparaturen hat, dem empfehle ich den Erwerb des Hauptkataloges eines großen Lieferanten für Arzt- und Krankenhausbedarf aus dem Beginn des 20. Jahrhunderts. Der Katalog "Medicinisches Waarenhaus" wurde als guter Reprint von Jahrzehnten von zwei Verlagen (Thomas Schäfer, Dortmund und WELTBILD) in großer Auflage produziert und ist deshalb entsprechend günstig im Antiquariat erhältlich.

Druck, Papierqualität und Buchdeckel sind handwerklich und gestalterisch bei der Ausgabe von Schäfer mit der halbnackten Dame deutlich hochwertiger als bei der Ausgabe von Weltbild (Weißer Umschlag mit roter Ornamentik und der Eule oben). Die Schrift auf dem Buchdeckel von Schäfer ist geprägt, der Druck ist für ein Reprint erstaunlich fein auf gestrichenem Papier mit einer "vergilbten" Optik, insgesamt ist die Gestaltung deutlich liebevoller und "historischer".

Ich habe früher oft mit Schmunzeln in diesem Buch geblättert. Wenn es nicht auf den letzten EUR ankommt, kauft das Buch mit der barbusigen Dame. Es kostet ja nicht die Welt (wird zwischen 10.00 und 30.00 EUR gehandelt).

https://www.ebay.de/sch/i.html?_from=R40&_trksid=p4432023.m570.l1313&_nkw=medicinisches+waarenhaus&_sacat=0

https://www.booklooker.de/B%C3%BCcher/Angebote/titel=medicinisches+waarenhaus

Herzliche Grüße
Peter

(Das Gitterraster auf den ersten beiden Bildern wurde von meinem Smartphone verursacht!)


Screenshot_20240914_133008_Photo Editor.jpgScreenshot_20240914_132929_Photo Editor.jpgScreenshot_20240914_132840_Gallery.jpgScreenshot_20240914_132759_Gallery.jpg

Dieses Posting ist frei von kultureller Aneigung, vegan und wurde CO2-frei erstellt. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

purkinje

#12
Wer hätte nicht gerne  an diesem 'Ferienkurs' teilgenommen?

Wenn ich so auf unsere heutigen Themen im Forum blicke, dann finden sich einige davon bereits 1907 in diesem hochkarätig besetzten Ferienkurs wieder:
Ferienkurs 1907.jpg

Quelle: Universidad nat. de La Plata

Dieser Handzettel ist aus dem Nachlass von Margrete Heiberg de Bose (1865-1952). Sie war Dänin und absolvierte zu Beginn des 20Jh. ihren Postdoc bei Nernst in Göttingen wo sie ihren Mann Emil Bose kennenlernte. Dieser war zuerst Physik-Professor in Danzig und später in der neugegründetetn Uni von La Plata Argentinien (1909), verstarb aber kurze Zeit später (1911). Margarita Heiberg de Bose war die erste Frau die in Dänemark einen naturwissenschaftlichen Graduiertengrad erhielt und die erste Physik-Professorin Lateinamerikas, da sie nicht nur ihrem Mann folgte, sondern auch an der Uni von La Plata lehrte. Während des 1. WK kehrte sie kurzzeitig nach Deutschland zurück. Zurück in Argentinien musste sie sich erst mühsam wieder eine halbwegs angemessene Position erkämpfen, sie forschte über Raman-Effekte und Untersuchungen im UV-Licht. In Argentinien wird Ihr Andenken vor allem unter Professorinnen und Studentinnen der Naturwissenschaften bewahrt.
Compilación de trabajos publicados in Spanisch, zu ihren Arbeiten, im letzten Viertel des Pdfs auf deutsch
"Was ich in Deutschland gesehen habe", ihre Kriegs- und Waffenstillstanderinnerungen von 1919

Beste Grüße Stefan


Jürgen Boschert

Hallo zusammen,

bin mir nicht ganz sicher, ob das hier richtig ist, wenn nicht möge den Beitrag jemand der Administratoren ins Café verschieben.
Eine kleine Abhandlung über die immerwährende Diskussion Tier oder Pflanze in der Mikrowelt aus dem Jahr 1847. Zwei Doppelseiten sind bei meinem Originaldruck nicht getrennt, sodass im Scan entsprechend vier Seiten (10+11, 14+15) fehlen; man sieht aber trotzdem, worum es geht und wie aktuell die Diskussion durchaus auch heute noch ist.

Titelseite.jpg

Fresenius 1847 Infusorien vs Algen.pdf
Beste Grüße !

JB

purkinje

Werte Freunde des Jamin-Lebedeff-Kontrasts,

auch vor beinahe 100Jahre dürfte die Justage dieses Interferenzverfahrens eine Herausforderung dargestellt haben, trotz des nautisch anmutenden Designs  ;D
Lebedeffs Interferenzmikroskop 1930
Lebedeff.jpg
Beste Grüße vor allem an anne und Diana , die uns mit ihren ZAUBERHAFTEN BILDERN das Grau etwas vergessen haben lassen
Stefan