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Gesteine des Kaiserstuhls

Begonnen von Florian D., September 06, 2022, 22:53:21 NACHMITTAGS

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Florian D.

Glückauf Forum,

vorletztes Wochenende hat es mich endlich auf den Kaiserstuhl verschlagen, nachdem Carsten mich schon vor einiger Zeit mit dem Carbonatit von dort angefixt hatte. Den Koppit hatte ich ja schon eigenes Thema gewidmet.
Letztes Wochenende habe ich Stunden damit verbracht, die Steine zu sägen und dünn zu schleifen. Wie immer eine frustrationstoleranzfördernde Tätigkeit, denn die meisten Schliffe sind enttäuschend geworden.
Heute möchte ich dennoch einen Schliff von einem sog. Limburgit zeigen (Bild 1), einem seltenen Ergussgestein das  bei Sasbach in mehreren Steinbrüchen abgebaut wurde. Allesamt Naturschutzgebiete, allerdings weisen Schilder darauf hin, dass sich geologischInteressierte an den Steinhaufen vor den Brüchen bedienen können, was ich dann auch getan habe.
Dieses Gestein und die Brüche, die damals noch in Betrieb waren, sind sehr schön hier https://www.zobodat.at/pdf/Berichte-naturf-Ges-Freiburg-Br_32_0217-0264.pdf beschrieben "Der Limburgit von Sasbach am Kaiserstuhlund seine hydrothermale Mineralführung. Von Guido Lorent".
Der Schliff ist stark ausgekeilt (Bild 2). Als Optimist kann man es jedoch so sehen, dass der Schliff zumindest entlang einer Linie die richtige Dicke hat.
Bei niedriger Vergrösserung (2,5 Objektiv) sieht man in Bild 3 und 4 (ohne und mit x-pol) einen grossen verzwillingten Augit mit Sanduhrstruktur und Zonierung in einer braunen Grundmasse mit kleineren Kristallen. Auf Bild 5 und 6 (2,5 Objektiv) sieht man idiomorphe Olivine, die teilweise vom Rand her in orange Eisenoxide etc umgewandelt sind.
Auf Bild 7 und 8 sieht man (40 Objektiv), dass die Grundmasse von einem Gewirr von Ilmenitnadeln durchzogen ist. Daneben schwarze Kristalle von Magnetit, kleinere Klinopyroxene und vielleicht Feldspäte und Nephelin, obwohl ich für die nicht die Hand in's Feuer legen möchte.
Dieses Gestein ist bei Sammlern geschätzt, weil die mandelförmigen Hohlräume mit Sekundärmineralen, wie Aragonit, Calcit und vor allem seltenen Zeolithen gefüllt sind. Diese sind allerdings mit der Stereolupe photogener, da ihr Brechungsindex fast gleich dem des Einbettungsmittels ist, und sie sich daher kaum abheben. Bei voll aufgedrehtem Kontrast erkennt man Sonnen von Phillipsit, der wohl in 2 Phasen gewachsen ist (Bild 9 und 10). Die erste Generation hat höhere Doppelbrechung und etwas Eisenoxid eingelagert. Dies ist auch schön in obigem Artikel beschrieben.

Viele Grüsse
Florian 


Florian D.

Hier die Bilder 9 und 10.

Florian D.

#2
Hier jetzt noch 2 Bilder der Drusenfüllungen mit der Stereolupe.

Ich wollte auch noch darauf eingehen, was einen Limburgit zum Limburgit macht, und inwieweit man das im Dünnschliff verifizieren kann.
Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Limburgit schreibt: "Als Limburgit wird ein Basanit (ein basaltisches Ergussgestein) mit glasiger Grundmasse und porphyrischem Gefüge bezeichnet. Der Name leitet sich von seiner Typlokalität, dem Limberg bzw. der Limburg bei Sasbach am Kaiserstuhl in Baden-Württemberg ab. Er wurde von dem Geologen Karl Heinrich Rosenbusch bereits im Jahre 1872 eingeführt.Generell bestehen Limburgite meist aus einer rötlichbraunen oder graubraunen glasigen oder (nach Devitrifikation) mikrokristallinen Grundmasse, in der sich Einsprenglinge von Olivin und Klinopyroxen befinden. Mit abnehmender Anzahl von Einsprenglingen kann das Gestein stufenlos in ein basaltisches Gesteinsglas übergehen, meist in Randbereichen eines ehemaligen Lavastroms, die schneller abgekühlt sind als der Rest.
Bei dem Limburgit von Sasbach ist der Olivin höchstens 3 mm groß und liegt meist nur noch in verwitterter Form vor, entweder als gelblicher Limonit oder als roter Hämatit. Bei dem Klinopyroxen handelt es sich um schwarzen Ti-Augit von bis zu 1 cm Größe, der dank seines idiomorphen Wachstums häufig die charakteristischen achtseitigen Querschnitte sowie zwei Kopfflächen aufweist. Zwillinge und Mehrfachverwachsungen sind oft zu beobachten. In Blasenhohlräumen, die in dem Gestein sehr häufig sind, haben sich nach der Gesteinsentstehung durch Umwandlungsprozesse verschiedene Minerale gebildet, z. B. Zeolithe (Faujasit, Philipsit u. a.), Calcit, Aragonit und Opal (Hyalit). Diese Sekundärmineralien machen den Limburgit für Mineraliensammler interessant. "

Als ein porphyrisches Gefüge bezeichnet man Gefüge, in dem grössere Ideomorphe Kristalle in eine feinkristalline oder glasige Grundmasse eingebettet sind. Dies ist typisch für Ergussgesteine (=Vulkanite), bei denen sich schon vor Ausbruch des Vulkans in der Lavakammer Minerale mit höherem Schmelzpunkt ausgeschieden haben. In unserem Fall also die Titanaugite und die Olivine.
Der Titanaugit ist gut zu identifizieren, zum einen, weil er im Kopfschnitt die allgemein für Pyroxen typischen nahezu rechtwinkligen Spaltbarkeiten zeigt. Die dunkle Farbe weist ihn als Augit aus und die Sanduhrstrukturen sind typisch für titanhaltigen Augit. Der Olivin ist trotz teilweiser Zersetzung zu gelblichem Limonit schon anhand der Kristallumrisse gut zu identifizieren. Die feinen Kriställchen (Ilmenit?) sowie gekrümmten Risse sind typische  Entglasungsstrukturen, so dass auch die glasige Grundmasse bestätigt ist. Was anhand der Dünnschliffe schwer überprüfen lässt, ist, ob es sich wirklich um einen Basanit handelt.
Dabei handelt es sich um eine grundlegende Einordnung der Vulkanite aufgrund ihrer relativen Gehalte an Quarz (Q), Alkalifeldspat (A),  Kalk-Natronfeldspat (Plagioklas, P) und Quarzmangel anzeigenden Feldspatvertretern (Foide, F):
https://de.wikipedia.org/wiki/Streckeisendiagramm#/media/Datei:QAPF_diagram_volcanic_deutsch.svg:
Olivin und Quarz sind inkompatibel, woraus wir schliessen können, dass wir im unteren Teil des Streckeisendiagramms sein müssen. Augit ist calciumhaltig, insofern erwarten wir auch Kalk-Natronfeldspat, wir werden uns also kaum ganz am linken Rand des Diagramms befinden. Nachdem wir aber in der glasigen Grundmasse keine Feldspäte ausmachen können, können wir auch das Verhältnis von Alkalifeldspat zu Plagioklas nicht genauer eingrenzen. Dazu müsste man also wirklich eine chemische Analyse (Reinhard?) oder Mikrosondenmessungen durchführen.
Insgesamt passen unsere mikroskopischen Befunde aber sehr gut zu den Beschreibungen der Typlokalität von Sasbach.

Viele Grüsse
Florian



Florian D.

#3
Gelöscht

Reinhard

Lieber Florian,

ich habe das Ganze in einen neuen Faden verschoben.

Viele Grüße
Reinhard
seit wann ist Kunst ein Fehler ?



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www.mikrochemie.net

Florian D.

Nachdem gestern die 24x40 mm Deckgläschen eingetroffen sind, wollte ich als nächstes einen Phonolith vom Gemeindesteinbruch am Kirchberg bei Oberrotweil am Kaiserstuhl vorstellen.
Der Steinbruch ist Naturschutzgebiet und darf erst ab dem 31.06. betreten werden, aber auf dem Weg dorthin gibt es genug Phonolith am Wegesrand. Bei diesem handelt es sich, zumal im Vergleich mit dem Limburgit, um ein optisch wenig spektakuläres Gestein. Wenn man es anschlägt, tönt es allerdings und hat daher seinen Namen. Am Badloch ist eine Reihe repräsentativer Gesteine des Kaiserstuhls ausgestellt und dort gibt es sogar eine Art Lithophon, wo man dies ausprobieren kann.
Eine Beschreibung des Gesteins findet sich in diesem Artikel:
https://www.zobodat.at/pdf/Mitt-Bad-Landesver-Natkde-Natschutz-Freiburg_NF_6_0085-0091.pdf
Makroskopisch erkennt man einige dunklere Ägirinaugit und Melanitkristalle, helle Feldspatleisten und rötliche Punkte, bei denen es sich wohl um Sodalith handelt.

Florian D.

Auf den ersten beiden Bildern sieht man den den dunklen Melanit (eine Granatart) mit grünem Ägirin, eine Alkalifeldspatleiste, nach dem Karlsbader Gesetz verzwillingt, sowie durch feinste Einlagerungen rötlich gefärbte farblose Kristalle mit sechseckigem Querschnitt, die bei gekreuzten Polarisatoren schwarz erscheinen; Minerale der Sodalithgruppe und damit Feldspatvertreter.
Auf Bild 3 und 4 vergrössert der zonierte isotrope Granat mit Ägirin. Dieser zeigt deutlichen Pleochroismus zwischen gelbgrün,  hell- und dunkelgrün.
Auf Bild 5 und 6 ein Titanit (Sphen), erkenntlich an der rautenförmigen Gestalt und dem hohen Brechungsindex, sowie sechseckige Sodalithe mit rötlichen Einlagerungen. Weitere auf Bildern 7 und 8. Die Sodalithe sind zwar isotrop, allerdings gibt es Kalkausscheidungen mit intensiver Doppelbrechung. Zuletzt eine Feldspatleiste in x-pol. Man erkennt, dass der Kern aufgrund der polysynthetischen Verzwilligung ein Plagioklas sein muss (Kalk-Natronfeldspat) der von einem Saum aus Alkalifeldspat umgeben ist.
Viele Grüsse
Florian

Florian D.

Bevor ich den nächsten Schliff zeige, wollte ich diesen Link mit Euch teilen:

https://asset-pdf.scinapse.io/prod/2887299262/2887299262.pdf

Braunger, S., et al. "The petrology of the Kaiserstuhl Volcanic Complex, SW Germany: The importance of metasomatized and oxidized lithospheric mantle for carbonatite generation." Journal of Petrology 59.9 (2018): 1731-1762.

Die Gesteine werden nach der neuen Systematik besprochen, ihnen aber die alten Namen gegenübergestellt. Die Abbildungen sind von hoher Qualität und der Differenzierungsgrad schön herausgearbeitet.

Viele Grüsse
Florian

Florian D.

#8
Glückauf Forum,

als nächstes wollte ich ein Gestein von der Mondhalde am Badberg vorstellen, schön in einem Weinberg gelegen. Wenn den Geologen zu einem Gestein nichts einfällt, benennen sie es halt nach dem Fundort: An der Limburg gibt es den Limburgit und so überrascht es nicht, dass es auch einen Mondhaldeit gibt. Allerdings sollte der wenig Pyroxen und dafür Amphibol enthalten. Das ist bei meinem Stein nicht so. Im weiteren Sinne ist es wohl ein Essexit, also ein foidführender Magmatit mit porphyrischem Aussehen, hier insbesondere durch grosse braune Augitkristalle mit starker Zonierung uns Verzwilligung (Bilder 1-4). Erik Weidling hatte hier im Forum ein ähnliches Gestein vom Kaiserstuhl beschrieben, https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=37014.0 .
Daneben finden sich mehrere mm grosse transparente Einsprenglinge. Vielleicht sind es Mandelfüllungen, aber das Gestein erscheint ja sonst sehr dicht, so dass mich grosse Hohlräume überraschen würden. Das transparente Mineral hat eine niedrige Lichtbrechung und nur ganz leichte Doppelbrechung (Bilder 5 und 6, letzteres mit lambda Kompensator). Das würde gut zu Analcim passen, wie in dem oben zitierten Artikel beschrieben. Nichts, was ich mich trauen würde, als Olivin anzusprechen, daneben viel Magnetit und etwas Apatit. In der Grundmasse (Bild 7 und 8 ) finden sich viele Biotitschüppchen und viele schlecht begrenzte Leisten mit weisser Interferenzfarbe. Ob Alkalifeldspat oder gar Melillit ist oft schwer zu sagen. Dazwischen immer wieder Material mit ausgesprochen hoher Doppelbrechung, wohl Calcit. 

Viele Grüsse
Florian

hugojun

Hallo Florian ,

die großen Kristalle in Bild 3 und 4 zeigen zwar Zonar-Bau aber keine wirkliche Spaltbarkeit,

wie ich sie für Augit im Längs- als auch im Kopf-Schnitt erwarten würde,

so wie in Bild 3 und 4 des ersten Beitrags?

LG
Jürgen


Florian D.

Hallo Jürgen,

ich denke, das ist so ein "kann" Sache und hängt davon ab, wie stark das Gestein mechanisch belastet wurde. Dieser Augit hier https://www.tmg-tuebingen.de/augit-kristall-im-duennschliff-von-andesit/ zeigt auch keine auffallenden Spaltflächen und in meinen Proben aus Schwaben sieht man auch nur wenige Spaltflächen https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=39606.15

Viele Grüsse
Florian


olaf.med

Lieber Florian,

in dem von Jürgen angesprochenen Bild gibt es doch zwei verschiedene Arten von Einsprenglingen. Der linke ist fast farblos und zeigt weder Zonarbau noch Spaltbarkeiten. Bei aller gebotenen Vorsicht bei einer Ferndiagnose ist das für mich der gesuchte Olivin. Die anderen sind nelkenbraun mit Zonarbau: wohl Pyroxen.

Herzliche Grüße, Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Florian D.

Lieber Olaf,

ich lasse mich hier gern überzeugen. Dieser hellere Kristall ist allerdings längs verzwillingt und löscht unter 45 Grad aus. Ist freilich auch bei Olivin möglich. Es gibt noch einige andere dieser  helleren Kristalle, unverzwillingt. Das Achsenbild ist 2 achsig positiv mit hohem Achswinkel (nur eine Achse sichtbar). Also wohl dann Forsterit.

Viele Grüsse
Florian

olaf.med

Lieber Florian,

Eine Zwillingsbildung lässt mich allerdings sehr an Olivin zweifeln!!! Ich habe noch NIE einen verzwillingten Olivin im Dünnschliff gesehen. Wie ist denn der Auslöschungswinkel zwischen den beiden Individuen?

Das Beispiel zeigt wieder, dass man bei Ferndiagnosen besser die Schnauze hält ;D.

Herzliche Grüße, Olaf

Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0