Dicke von Dünnschliffen vermessen

Begonnen von Florian D., Januar 02, 2019, 22:07:21 NACHMITTAGS

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Florian D.

Glückauf Forum,

nachdem dieses Thema in den letzten Wochen schon mal aufkam, und sich mit dem Erwerb eines Berkek Kompensators meinerseits deckte, habe ich die letzten Tage verschiedene Methoden ausprobiert, um die Dicke eines Dünnschliffs zu bestimmen. Testobjekt war der Dünnschliff eines Sandsteins, der wohl schon 100 Jahre auf dem Buckel hat, aber, den lebhaften Interferenzfarben nach zu urteilen, für mineralogische Zwecke viel zu dick ist.

Als erste Schätzung für die Dicke habe ich die Körner mit der höchsten Doppelbrechung gesucht, wobei ich bei Blau der 3. Ordnung gelandet bin.  Mit der Michel Levy Farbtalfel erhält man cs. 128 Mikrometer.


Als zweite Schätzung habe ich die den Abstand von Oberseite und Unterseite des Schliffs mit dem Feintrieb bestimmt. Der scheinbare Abstand beträgt 90 Mikrometer. Dies muss jedoch mit dem Brechungsindex von Quarz (n=1.55) multipliziert werden, um die wahre Dicke zu erhalten. Diese ergibt sich hiermit zu 139.5 Mikrometer. Dabei ging ich davon aus, dass ein Teilstrich am Feintrieb 1 Mikrometer entspricht. Ich habe dies versucht, anhand von Deckgläsern und Objektträgern nachzuprüfen. Deren Dicke habe ich mit einem Bügelmikrometer bestimmt, das allerdings nur eine Teilung von 10 Mikrometern hat. Im Rahmen dieser Messgenauigkeit, scheint 1 Mikrometer pro Teilstrich halbwegs zu passen. Die Brechungsindices der Gläser habe ich mit dem Refraktometer bestimmt.


Das dritte Verfahren ist am aufwendigsten, lässt sich jedoch auch anwenden, wenn man zu wenige Quarzkristalle hat, um die maximale Interferenzfarbe bestimmen zu können.
Dazu habe ich einerseits die Phasenverschiebung (des weissen Kristalls in der Bildmitte) mit dem Berek Kompensator bestimmt. Andererseits habe ich die scheinbare Neigung der optischen Achse im konoskopischen Bild durch Vergleich mit dem Rand des konoskopischen Bildes bestimmt, der durch die Objektivapertur gegeben ist (n. A. 0.85). So war der Rand bei 29 Teilstrichen des Objektmikrometers, die optische Achse bei 23 Teilstrichen. Daraus ergibt sich, dass die optische Achse um ca. 25  Grad gegen die Normale geneigt ist.
Eine genauere Bestimmung der Mallardschen Konstante würde hier vielleicht eine höhere Genauigkeit erlauben. Andererseits sieht man, dass der Kristall, vielleicht aufgrund von Spannungsdoppelbrechung, nicht genau einachsig ist.

Aus dieser Neigung kann man nun bei Kenntnis der ordentlichen und ausserordentlichen Brechungsindices von Quarz  die Doppelbrechung bestimmen.
Teilt man die Phasenverschiebung durch die Doppelbrechung, bekommt man einen weiteren Schätzwert für die Dicke.
Dabei bin ich bei einen Wert von 122 Mikrometern gelandet.

Die Werte nach dem ersten und dritten Verfahren vergleichen sich gut. Die direkte Dickenmessung erbringt hingegen einen 10%  höheren Schätzwert.

Viele Grüsse,
Florian





Orthoplan

Hallo Florian:

Höhenmessungen mit Objektiven NA > 0.75 benötigen eine etwas verbesserte Gleichung, wenn man kleine Abweichungen nicht tolerieren kann. Auch muss man den Fokusierungsmechanismus eichen. Ich habe mal eine einfache Zusammenfassung ins Netz gestellt. Vielleicht ist sie hilfreich in diesem Zusammenhang. Das Dokument kann man mit dem folgenden URL zugreifen. Das Passwort ist Micscape.

http://www.microscopy-uk.org.uk/mag/artjun05/ThicknessPaper.pdf

Prinzipiell ist es eine Zusammenfassung von der Arbeit von G. W. White [1].

Gruss,

Gregor

[1] G. W. White, Improving the accuracy of vertical measurements under the microscope, The Microscope, 18 (1970), 51-59.

olaf.med

Lieber Heiko,

eine sehr schöne Zusammenfassung verschiedener Dicken-Messverfahren. Die Abweichung bei der zweiten Methode stört mich garnicht. Mit mindestens diesem Fehler hatte ich gerechnet.

Darf ich aber bitte auf eine sprachliche Ungenauigkeit hinweisen, ohne gleich als Schulmeister zu gelten: Du schreibst von der Suche nach einem Korn mit der höchsten Doppelbrechung, meinst aber Interferenzfarbe. Die Doppelbrechung ist für alle Quarz-Kristalle gleich und eine physikalische Stoffkonstante (Δn=0,009).

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Florian D.

Hallo Olaf,

Ja,  an der Stelle hätte ich auch Interferenzfarbe schreiben können. Berek verwendet den Begriff "Doppelbrechung der Platte", für die beobachtete Doppelbrechung eines senkrecht auf eine Kristallplatte auftreffenden Strahls. Es ist diese Doppelbrechung, die ich in meinem Beitrag meinte, nicht die Hauptdoppelbrechung, die ja von der Orientierung unabhängig ist.
Für die Quarzkristalle mit maximaler Interferenzfarbe wird angenommen, dass der Brechungsindex der Platte gleich dem Hauptbrechungsindex ist.

Viele Grüsse,
Florian

Florian D.

Zitat von: Orthoplan in Januar 03, 2019, 02:52:32 VORMITTAG
Hallo Florian:

Höhenmessungen mit Objektiven NA > 0.75 benötigen eine etwas verbesserte Gleichung, wenn man kleine Abweichungen nicht tolerieren kann. Auch muss man den Fokusierungsmechanismus eichen. Ich habe mal eine einfache Zusammenfassung ins Netz gestellt. Vielleicht ist sie hilfreich in diesem Zusammenhang. Das Dokument kann man mit dem folgenden URL zugreifen. Das Passwort ist Micscape.

http://www.microscopy-uk.org.uk/mag/artjun05/ThicknessPaper.pdf

Prinzipiell ist es eine Zusammenfassung von der Arbeit von G. W. White [1].

Gruss,

Gregor

[1] G. W. White, Improving the accuracy of vertical measurements under the microscope, The Microscope, 18 (1970), 51-59.

Hallo Gregor,

vielen Dank für den interessanten Link. Ich habe das gerade noch mal überprüft. Man möchte natürlich mit einem Objektiv möglichst hoher Apertur arbeiten, um den Fehler aufgrund der Tiefenschärfe gering zu halten. Arbeitet man allerdings bei zu hoher Apertur, ernennt man weder die Fettspuren der Finger auf einem Deckglas noch das Relief von Quarzkörnern.
Konoskopisch kann man die Apertur natürlich abschätzen. Um Fettspuren noch sehen zu können, kann ich maximal eine Apertur von 0.53 bei einem 50x Objektiv verwenden.
Da macht diese Korrektur für Glas 2.5% und für Quarz 4.5% aus.

Viele Grüsse,
Florian

olaf.med

Lieber Florian,

möglicherweise hat Berek den Begriff "Doppelbrechung der Platte" so benutzt, aber ich halte das für nicht gut (obwohl Berek bei mir Pabst-Status genießt). Ganz allgemein wird mit Doppelbrechung heute immer die maximale Differenz zwischen den beiden Brechungsindizes bezeichnet.  - Und die Platte mit der höchsten Interferenzfarbe ist der maximale Indikatrix-Schnitt und beinhaltet nicht den Hauptbrechungsindex, sondern beide Hauptbrechungsindizes  ;D.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Rawfoto

Hallo Florian

Zusätzlich kann man auch noch mechanisch mit der Messuhr messen. Meine hat die Auflösung 0,001 mm

Mann misst mit Deckglas und Objektträger, dann den Objektträger und zieht die Dicke ab. Wenn die Dicke des Deckglases bekannt ist kommt man zu sehr genauen Ergebnissen.

Wenn die Dicke des Deckglases nicht bekannt ist setze ich 0,015 mm dafür ein.

Aus diese Weise überprüfe ich mich selbst ob meine Berechtigung stimmen können 🙃

Toller Beitrag, danke an alle

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Florian D.

Zitat von: Rawfoto in Januar 03, 2019, 22:54:30 NACHMITTAGS
Hallo Florian

Zusätzlich kann man auch noch mechanisch mit der Messuhr messen. Meine hat die Auflösung 0,001 mm

Mann misst mit Deckglas und Objektträger, dann den Objektträger und zieht die Dicke ab. Wenn die Dicke des Deckglases bekannt ist kommt man zu sehr genauen Ergebnissen.

Wenn die Dicke des Deckglases nicht bekannt ist setze ich 0,015 mm dafür ein.

Aus diese Weise überprüfe ich mich selbst ob meine Berechtigung stimmen können 🙃

Toller Beitrag, danke an alle

Gerhard

Ja, so ein Dickenmessgerät wäre schon was Feines!
Was wäre da ein empfehlenswertes Gerät?

Carlos

Hallo Gerhard,
ZitatWenn die Dicke des Deckglases nicht bekannt ist setze ich 0,015 mm dafür ein.
0,015 mm?  Ich vermute, Du meinst 0,150 mm. (Meine Präzisions-Deckgläser haben 0,170 +/- 0,002 mm)
Gruß Carlos

olaf.med

... und wie bitte bestimmt man die Dicke der Kittschicht, die, in Abhängigkeit vom Kittmittel, ganz erheblich sein kann?

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Rawfoto

Guten Morgen

Ja Carlos, natürlich, Du hast recht - da hat sich bei der Deckglas-Dicke eine "0" eingeschlichen.

@Olaf, welchen Bereich siehst Du da als realistisch an?!?

Ich habe mit den mechanischen Vergleichsmessungen immer eine ca. Bestätigung bekommen (Ziel st ja nur die Bestätigung ob ein Rechen/Betrachtungsfehler vorliegt - also kein exakter Wert). Ich messe meine eigenen vor dem Aufbringen des Deckglases (also nur eine Klebeschicht zwischen Objekt und Objektträger) und im Vergleich zum Strohgelb bei Quarz bin ich bisher bei ca. 0,030 mm gemessener Dicke gut hingekommen (Araldite & UV-Kleber).

O.k., wenn ich jetzt die Klebeschichten Mal 2 Messe kommen da schon 0,010 bis 0,015 mm. Ich habe diese Werte zur Kontrolle auf Basis durchgeführter Messungen im Vergleich von vor und nach dem Eindecken ermittelt. Geschliffen wurde Granit ...

Übersehe ich da etwas / sprich liege ich da falsch? Die mechanischen Messergebnisse mit der Messuhr sind richtig.
Übe ich gar zu viel Druck aus und meine Klebeflächen sind zu dünn. Die Objektträger werden bei mir angeschliffen, damit erweitert sich die Klebefläche eigentlich in beide Richtungen durch die Schleifrillen auf beiden Seiten...

Gespannte Grüße

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

olaf.med

Lieber Gerhard,

die Dicke der Kittschicht wird in erster Linie von der Viskosität des Kitt bestsimmt, und die ist wesentlich von der Verarbeitungstemperatur abhängig. Ich habe selbst keine Erfahrung damit, aber unsere Präparatoren hatten das schon ausgetestet und gut im  Griff. Ich denke Werte zwischen einem Mikron und deutlich über 10 Mikron sind realistisch.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Florian D.

#12
Zitat von: Orthoplan in Januar 03, 2019, 02:52:32 VORMITTAG
Hallo Florian:

Höhenmessungen mit Objektiven NA > 0.75 benötigen eine etwas verbesserte Gleichung, wenn man kleine Abweichungen nicht tolerieren kann. Auch muss man den Fokusierungsmechanismus eichen. Ich habe mal eine einfache Zusammenfassung ins Netz gestellt. Vielleicht ist sie hilfreich in diesem Zusammenhang. Das Dokument kann man mit dem folgenden URL zugreifen. Das Passwort ist Micscape.

http://www.microscopy-uk.org.uk/mag/artjun05/ThicknessPaper.pdf

Prinzipiell ist es eine Zusammenfassung von der Arbeit von G. W. White [1].

Gruss,

Gregor

[1] G. W. White, Improving the accuracy of vertical measurements under the microscope, The Microscope, 18 (1970), 51-59.


Hallo Gregor,

ich habe jetzt nochmal gemessen. Dazu habe ich auf einem Deckgläschen oben und unten Markierungen mit einem Stift angebracht, die sich als sehr kleine Kügelchen abbilden um Ober und Unterseite gut detektieren zu können. Um Abbildungsfehler zu minimieren habe ich das Deckgläschen in Immersionsöl 1.518 eingedeckt und mit einem weiteren Deckgläschen abgedeckt.
Die Deckgläschen haben einen Brechungsindex von 1.521.
Für das Deckgläschen finde ich mit dem Bügelmikrometer Werte zwischen 149 und 163 Mikrometer, allerdings habe ich nur eine Strichteilung von 10 Mikrometer. Im Mittel erhalte ich 153 Mikrometer.
Nun finde ich sowohl mit dem 10x Objektiv mit NA=0.25 und dem 50x Objektiv mit NA=0.85, dass ich um auf Ober und Unterseite zu fokussieren, den Feintrieb um denselben Betrag von ca. 100 Schritten verstellen muss.
Mit der Formel würde ich jedoch einen Unterschied von ca. 20 Schritten bei Verwendung der beiden Objektive erwarten.



derda

#13
Hallo Zusammen,

ich verfolge diesen Beitrag mit Interesse. Die Dickenrelation zwischen Deckglas und dem darunter befindlichen Dünnschliff sind vergleichbar mit einer Salami- und einer darauf gelegten Toastscheibe. Der Toast ist ebenso wie das Deckglas ca. sechsmal dicker als die Salami bzw. der Dünnschliff.
Wenn man nun noch die durchschnittliche Größe eines Dünnschliffs von 25x25mm mit ins Spiel bringt, so müsste die Salami, bei angenommener Scheibendicke des sie abdeckenden Toasts von 10mm, ca. 60x so groß wie der Dünnschliff sein und hätte die Abmessung von 1.5x1.5 Meter!

Ich bin daher umso begeisterter davon, mit welcher Präzision ein Dünnschliff gefertigt wird.

Viele Grüße,

Erik

Gert Flemming

Hallo allen Messkünstlern,
wo gibt es Deckgläschen mit einer Dicke um die 15 Mikrometer ?
Meine sind 10 mal so dick.

Interessiert
Gert Flemming